L’ARGENT (1928)

Frankreich 1928
Regie: Marcel l’Herbier
Mit Pierre Alcover, Mary Glory, Brigitte Helm, Alfred Abel u.a.
Dauer: 165 min

Bankier Saccard (Pierre Alcover) ist ein Spieler; Geld ist für ihn allmächtig, für seinen Gott setzt er Intrigen in Gang, kauft sich die Loyalität und die Liebe anderer Menschen, zerstört, was andere aufgebaut haben, lügt, betrügt und unterschlägt.

Damit ist ein aktueller Bezug gegeben ins Heute, zur aktuellen Finanzkrise und seinen Protagonisten. Emile Zola, von dem die Vorlage zum Film stammt, hat das Gebaren der Finanzkaiser seiner Zeit minuziös beschrieben, heute stellen wir fest, dass die Menschheit nichts dazugelernt hat. Regisseur Marcel l’Herbier transponierte Zolas Vorlage ins damalige Heute, was der zugrunde gelegten Geschichte aus heutiger Sicht umso mehr Aktualität verleiht: Sie ist aktuell geblieben, durch zwei Jahrhunderte hindurch.

L’Argent war der teuerste französische Film jener Zeit, und das sieht man in fast jeder Einstellung: Die Innenräume, die hier in üppiger Art-deco-Ausstattungspracht ohnegleichen zu maximaler Geltung gebracht werden, bringen einen regelrecht ins Schwelgen und versetzen einen wie mit einer Zeitmaschine in die Zwanzigerjahre. Da wurde punkto Ausstattung an nichts gespart, die Kulissen sind angefüllt mit Luxusartikeln von damals.

Ich muss zugeben, dass mir der Film vor allem dank dieses Aspekts gefallen hat – mit vielen anderen Komponenten konnte ich mich trotz aktuellem Bezug zur Finanzkrise nicht wirklich anfreunden: Weder mit der spröden Geschichte, den distanzierten Charakteren oder der mehr als gewöhnungsbedürftigen Schnitttechnik.

L’Argent gilt als Meisterwerk des französischen Stummfilms. Diesem Prädikat stimme ich zu, wobei ich präzisieren muss: L’Argent ist ein Meisterwerk der Ausstattungskunst und der Kameratechnik. Da hat er wirklich viel zu bieten, sehr viel, mehr als manch anderes zeitgenössisches Werke. Die hohen, nach oben endlos erscheinenden Räume lassen die darin agierenden Menschen ganz klein erscheinen; da sagt das Bild oft mehr aus als die zugrunde liegende Geschichte. Ein grosses Hoch auf die Bauten von Lazare Meerson und André Barsacq!

Aber auch kameratechnisch weist der Film Eindrückliches auf. L’Herbier und sein Kameramänner Louis Berte, Jules Kruger, Jean Letort lassen die Kamera praktisch ruhelos mitagieren; ständig befindet sie sich in Bewegung. Es gibt zahllose, für jene Zeit teilweise spektakuläre Kamerafahrten in alle Richtungen (auch nach oben oder nach unten); die Protagonisten werden von der Kamera regelrecht verfolgt. Die Fahrten und Schwenks geben dem Film etwas ruheloses, fiebriges, womit wiederum wichtige innere Vorgänge der Protagonisten auf die Bildebene transferiert werden.

Mit einmal anschauen wird man L’Argent nicht gerecht. Es gibt vieles darin zu entdecken, vor allem in seinen berauschenden Bildern. So wäre es interessant, einmal zu untersuchen, wie oft der Aspekt des Spielens bildnerisch in die Geschichte eingewoben wurde.

Ich will hier aber keine Analyse des Films liefern, das sei anderen, berufeneren überlassen. Das Ziel dieses Blog ist, Filmerlebnisse zu teilen, mitzuteilen und Appetit darauf zu wecken.

Die DVD-Ausgabe: Ich habe mir den Film in der Ausgabe von Eureka (Masters of Cinema) zugelegt. Die Bildqualität ist hervorragend; Unschärfen sind vorhanden, aber auf die damalige Kameratechnik zurückzuführen. Vor allem bei Zoom-Aufnahmen sind Unschärfen zu beobachten. Das Bild ist frei von Laufstreifen oder Schmutzpartikeln. Nicht zuletzt dank der makellosen Bildqualität erhält man den Eindruck, direkt und ungefiltert in eine andere Epoche zu blicken.

Die Filmmusik ist eine Klavierimprovisation und stammt von Jean-François Zygel. Mich hat sie mit zunehmender Filmdauer genervt. Irgendwann hatte ich genug von dem zwar atmosphärischen aber fast durchgängig hektischen Geklimper. Eine Melodie oder ein Leitmotiv hier und da hätte nicht geschadet… Aber das ist wahrscheinlich ein ungerechtes Verdikt: Fast drei Stunden lang passend zu einem Filmgeschehen drauflosimprovisieren zu müssen, ist wohl kein Honigschlecken. Fragt sich, wer diese Idee gehabt hat…

Die Extras sind interessant und reichlich vorhanden, zumal diese Ausgabe zwei DVD-Scheiben beinhaltet: Angefangen vom 80-seitigen Booklet mit interessanten Aufätzen rund um den Film, über das „Making of“ Autour de l’Argent aus dem Jahr 1928 von Jean Dréville (eines der ersten seiner Art), Screentest für den Film, Dokumentaraufnahmen mit Brigitte Helm, bis zur 54-minütigen Dokumentation Marcel L’Herbier: Poète de l’art silencieux von 2007.

Regionalcode: 2

Bestellung: Bestellen kann man den Film im Moment (7.01.2010) am günstigsten hier. Für weitere Preisvergleiche und andere Fragen im Zusammenhang mit Auslandbestellungen siehe auch die Tipps zur DVD-Bestellung im Ausland.

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