Hangman Also Die! (dt.: Auch Henker sterben, USA 1943)

Mit Brian Donlevy, Walter Brennan, Anna Lee, Gene Lockhart, Dennis O’Keefe, Alexander Granach, Reinhold Schünzel, Margaret Wycherly u.a.
Drehbuch: John Wexley nach einer Idee von Fritz Lang und Bert Brecht
Regie: Fritz Lang
Genre: Propaganda, Krieg, Drama
Dauer: 135 min
Color: Schwarzweiss

Ausgangslage dieses spannenden Propaganda-Dramas ist die Ermordung des „Henker von Prag“ genannten Nazi-Reichsprotektors Reinhard Heydrich durch den tschechischen Widerstand.
Ausgehend von diesem Ereignis erdachten Fritz Lang und der Dramatiker Berthold Brecht ein mörderisches Katz- und Maus-Spiel zwischen Gestapo und Widerständlern, welches zwischendurch immer mal wieder in plumpes patriotisches Gedöns ausbricht. Da wird jeweils deutlich, dass Hangmen Also Die! als Propaganda- und Durchhaltefilm konzipiert war.
Der grosse Rest des Film kann sich aber durchaus sehen lassen. Dank Langs Hang zu spannender Unterhaltung, atmosphärischer Verdichtung und skurrilen Figuren gibt es genügend Momente, an denen man sich auch als heutiger Filmgucker erfreuen kann.

Im Zentrum steht der Arzt Dr.Svoboda (Brian Donlevy), der von den Widerständlern als Attentäter auserkoren wurde, der den Anschlag darauf erfolgreich ausführte und der nun auf der Flucht ist. Eine zufällige Passantin, Masha Novotny (Anna Lee), hilft Svoboda instinktiv, worauf er bei ihrer Familie Schutz sucht. Inzwischen zieht die Gestapo in  Prag ihr Schreckensregime hoch: Verdächtige Bewohner werden verhaftet, interniert und einzelne im Tagesrhythmus erschossen; man hofft, den (der Gestapo nicht bekannten) Heydrich-Mörder mit der Erschiessung seiner Landsleute  zu einem Geständnis zu zwingen. Doch die Nazis haben nicht mit dem starken Widerstandswillen der mutigen Tschechen gerechnet…

Verglichen mit Langs hervorragendem, prägnanten Vorgängerfilm Man Hunt erscheint Hangmen Also Die vor allem zu Beginn über eine längere Strecke unfokussiert. Man erkennt nicht, wer nun eigentlich im Zentrum steht: Svoboda? Masha Novotnoy? Gestapo-Ermittler Gruber (Alexander Granach)?
Im Grunde fokussiert der Film auf zwei Gruppen: die Tschechen und die Nazis, die Guten und die Bösen, in beiden werden einzelne Charaktere ins Zentrum gerückt. Ich kann mir als Grund für die fehlende Stringenz gut die Differenzen vorstellen, welche offenbar zwischen Lang und Brecht herrschten. Der für kurze Zeit in den USA gestrandete Brecht war mehr in das Projekt involviert, als die Credits vermuten lassen. Seine Egomanie und Rechthaberei schienen die Produktion immer wieder aufgehalten zu haben und seine Streitereien mit dem auf Langs Wunsch eingesetzten Drehbuchautor scheinen zu Kompromissen geführt haben, die dem Handlungsfluss entgegenliefen. Für einen Lang-Film ist die fehlende Stringenz jedenfalls eher untypisch.

Es ist mehr als deutlich, dass Langs Interesse bei den Bösewichten lag – sie sind ungleich vielschichtiger und interessanter herausgearbeitet als die mutigen Tschechen, die ausnahmslos hölzern und langweilig daherkommen. In der Nazi-Gruppe ist denn auch die schauspielerische Glanzleistung des Films zu finden: Gene Lockhart als Denunziant bietet eine herausragende Leistung zwischen selbstgefälliger Falschheit und zunehmendem Entsetzen. Sein Czaka mausert sich in der zweiten Hälfte zur heimlichen Hauptfigur des Films; dass man als Zuschauer zwischen Mitleid und Abscheu für diese Figur schwankt ist einzig Lockharts differenzierten Spiel zu verdanken.

Sobald die patriotischen Aspekte ins Zentrum gerückt werden, droht der Film ins Peinliche abzudriften, was einige Male leider tatsächlich geschieht. Die schauderhafte, von Hans Eissler komponierte Widerstands-Hyme lässt den Film zudem mit einem grauslichen Misston ausklingen.
Da aber die oben beschriebenen Vorzüge überwiegen – Spannung, Dichte und tolle Schauspielerleistungen – sei Hangmen Also Die trotzdem empfohlen.

Das Drehbuch: 7
Die Regie: 8
Die Schauspieler: 9
Gesamtnote: 8

Verfügbarkeit:
Hangman Also Die!
kam erst 1958 in die deutschen Kinos, unter dem Titel Auch Henker sterben.
Der Film ist seit dieser Woche bei uns auf einer neuen Blu-ray und DVD zu haben.
Im Stream ist er zur Zeit bei keinem Anbieter zu finden.

3 Comments

  1. Ich habe über den Film vor rund einem Jahr eine Hausarbeit geschrieben und mich daher etwas durch die Produktionsgeschichte gewuselt. Es war das Motto Brecht gegen Wexley, Brecht gegen Lang – auch daher ist wohl nicht alles aus einem Guss geraten. Es begann schon damit, dass Brecht wie Wexley 10.000 Dollar Gage haben wollte, obwohl er sich zuvor mit 3000 Dollar begnügt hatte. Da Lang ihn schätzte und sich für ihn einsetzte, bekam er das Geld dann auch. Zudem ging es Brecht auch darum, subversiv eine linke bis kommunistische Botschaft unterzubringen, was Lang wiederum ablehnte, da er den Film für alle Amerikaner zugänglich machen wollte. Bei dem Eisler-Lied, zu dem der Text von Brecht kommt, hat Lang etwa das Wort „Fahne“ zu „Fackel“ umgeändert, da es unverfänglicher ist. Brecht empfand Langs Änderungen als Tribut an die Kommerzialität Hollywoods und hatte dagegen wohl eher im Hinterkopf, dass man den Film nach dem Krieg den Deutschen zeigen könne. Spannend wäre wohl gewesen, wenn jeder der beiden seine eigene Version abgefilmt hätte und man sie dann vergleichen könnte.

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    1. Zudem ging es Brecht auch darum, subversiv eine linke bis kommunistische Botschaft unterzubringen, was Lang wiederum ablehnte, da er den Film für alle Amerikaner zugänglich machen wollte.

      Brecht hat diesem Film mehr geschadet als genützt, das dürfte klar sein. Dass er jede Ablehnungen seiner Wünsche gleich als Beweis für Hollywoods Kommerzialismus (und Imperalismus) sah – bei gleichzeitiger aggressiver Forderung nach mehr Geld! – erinnert mich an das Gequengel eines kleinen Kindes, dem man etwas nicht erlaubt.
      Ich frage mich, wieweit die in Europa tradierte negative Hollywood-Rezeption (böser imperialistischer Kino-Usurpator), dem viele linke europäische Filmjournalisten teilweise noch heute anhängen, auf Brechts schiefe, lauthals verkündete Wahrnehmung zurückgeht.

      Danke für Deine wertvolle Ergänzung!

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      1. Tatsächlich ist das einzige deutschsprachige Buch zu dem Film noch aus der DDR und reitet auf der Welle, dass die guten Szenen Brechts Einfluss wären und die weniger gelungenen Elemente natürlich alle dem Einfluss von Hollywood zu Schulden kämen. Lang hat Brecht zu Gute gehalten, einige sehr gute Szenen für den Film geschrieben zu haben, die sonst „kein anderer“ in Hollywood so hätte schreiben können. Aber Brecht wollte sein erstes Hollywood-Drehbuch wohl ohne Änderungen durchgewunken sehen, während er anderen Autorenkollegen „geistige Verstümmelung“ vorwarf, wenn diese sich an Hollywood anpassten. Und offensichtlich hat er den Rest seines Lebens nicht mehr mit Lang geredet, da dieser seine Drehbuch-Vision nicht 1:1 abdrehte, sondern noch Änderungen vornahm, was ja vielleicht frustrierend als Autor sein mag, aber eine alltägliche Sache in Hollywood ist. Klingt alles ein wenig selbstgerecht.

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